Haus P, Dortmund Ahlenberg

 

Haus P, Dortmund Ahlenberg
2012
Auftraggeber: PrivatTragwerksplanung: Lederhose & Wittler, Dortmund
Lichtplanung: LDE Kober, Dortmund
Fotos: Thomas Meyer, Neuss

Die Bauherren – ein junges, architekturinteressiertes Ehepaar – hatten im Verlauf von einigen Jahren und auf vielen Reisen genaue Vorstellungen zu ihrem Haus entwickelt. Licht in Form von Tages-und Kunstlicht spielte die zentrale Rolle in diesen Überlegungen: Es gab Vorgaben zum Raumprogramm, zu genauen Raumbeziehungen, zum Ausblick, sogar ein Grundrisskonzept – alles Durchdrungen von genauen Vorstellungen zur Tages- und Kunstlichtinszenierung der Innen-und Außenräume. Das Licht wurde in diesen Überlegungen zur 4. Dimension der Architektur. Dazu hatten die Bauherren einige hundert atmosphärische Fotos und genaue Beschreibungen, wie Situationen des täglichen Lebens im Haus erlebt werden sollen zusammengetragen. Der Charakter des Hauses sollte nicht repräsentativ sein, sondern eher dem Leitmotiv eines modernen, entspannten und unprätentiösen Bungalows im Grünen folgen. Nach langer und intensiver Suche wurde auch endlich ein Grundstück gefunden, welches durch seine exponierte Lage die Anforderungen nach Sonnenlicht und Weitblick erfüllen konnte.Was zum Projektstart fehlte war ein architektonisches Konzept, dass alle Details und Anforderungen in eine Gestalt brachte und die Verbindung zum gefundenen Baugrund herstellte.

Auf der Suche nach einem geeigneten Architekten waren es der Bericht im WDR Fernsehen zum Tag der Architektur 2009 über das Büro Heiderich Architekten und ein Nachmittag in den Gebäuden des Architekten in Lünen, die das Team um Martin Heiderich für die Bearbeitung der Aufgabe favorisierten. Schon die ersten Gespräche zeigten, daß die Detailliebe des Architekten und der Bauherren zu einem sehr intensiven Projektverlauf mit vielen Diskussionsstunden führen würde.

Dabei erwies es sich als sehr nützlich, dass Martin Heiderich in der Begleitung von etwa 1.000 Studienentwürfen während der Tätigkeit am Lehrstuhl Prof. Bofinger an der Universität Dortmund weitreichende Erfahrungen darin gesammelt hat, die Intention eines Entwurfs zu erkennen und zusammen mit dem Verfasser zu einem schlüssigen Gebäude zu entwickeln, ohne dabei selbst die Federführung zu übernehmen oder das Konzept grundsätzlich in Frage zu stellen. Entwerfen im Team, jedoch ohne Kompromisse.

Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist ein sehr individuelles Hauskonzept, in dem sich alle Beteiligten wiederfinden. Eine additive Baukörperkomposition aus einem steinernen Sockel und einer gefalteten champagnerfarbenen Metallplatte, die einen halbtransparenten Holzquader umgreift und über dem gläsernen Wohnbereich schwebt.

Die weitere Planung war insofern einfach, da die meisten Entscheidungen konsequent dem Konzept folgten. Die streng formalistischen Regeln der Baukörperkomposition und die Vorliebe für sorgfältig ausgewählte Materialien und Einbauten erinnern an Bauten aus den 60er und frühen 70er Jahren. Die wesentlichen Materialen reduzieren sich auf Eiche, Ziegelsteine, Grauwacke und Aluminium. Farblich war vieles erlaubt, jedoch eines verboten: grau.

Dem Eingangsbereich links und rechts zugeordnet sind zum Einen Kellerersatz- und Hauswirtschaftsraum, zum Anderen der Arbeitsbereich. Das Büro hat einen eigenen Freibereich im Durchgang von der Zufahrt zum Garten. Vom Eingangsbereich geradeaus sind Küche, Wohn- und Essbereich als fließender Raum in dem die Geschosstreppe als zonierendes Element bei Tag und Lichtskulptur bei Nacht steht. Im Obergeschoss befinden sich der Schlafraum mit dem überragenden Blick über das Ruhrgebiet, eine Ankleide und das großzügige Bad.

Die Außenanlagen beinhalten Terrassen für unterschiedliche Tages- und Jahreszeiten und verzahnen das Haus mit dem Grundstück. Große Schiebetüren lösen die Abtrennung von Innen-und Außenbereichen auf und überdachte Freisitze ergänzen das Raumprogramm. Vor dem Wohnbereich gibt es einen Naturpool mit einem Eichenholzdeck.

Die Ziegelsteine des Erdgeschosses kommen aus dem Münsterland und wurden wegen ihres braunen Tons und der beim Brand entstehenden kleinen goldfarbenen Einschlüsse ausgewählt.

Die Fenster sind aus Eichenholz mit einer Aluminiumschale auf der Außenseite im Eloxalton C34. Die Aluminiumverkleidung des Obergschosses im Eloxalton C32 hat eine Teilung im Gebäuderaster von 1,75m.

Die Holzverkleidung des Obergeschosses besteht aus thermisch behandeltem Pappelholz. Außenanlagen sind bestimmt von einfachen naturbelassenen Betonoberflächen und einer grundsätzlich horizontalen Gestaltung.Fußböden und ausgewählte Möbelteile wurden in geräucherter deutscher Eiche ausgeführt. Die Grauwacke, auf allen beanspruchten Flächen auf Fußböden und Wänden im Eingangsbereich und in den Nassbereichen verbaut, kommt aus dem nahen oberbergischen Land. Andere Einbauten wurden zumeist mit matter weißer Lackierung beschichtet.

Die komplette Möblierung wurde mit Ausnahme von Stühlen und einem Tisch eigens für das Gebäude entworfen. So wird die Küchenzeile in Ihrer Faltung über eine kleine Bibliothek bis in das Büro zu einem zentralen raumgliedernden Element.

Bereits zu Beginn der Planung wurde ein Kostengerüst aufgestellt, dass vom Grundstückserwerb bis zur Einrichtung vollständig alle Positionen budgetierte. Vor Baubeginn waren über 80% der Gewerke ausgeschrieben, verhandelt und beauftragt.

Eine besondere Stellung innerhalb des Gebäudes nimmt das Licht ein. Einerseits das Tageslicht, im Überfluss vorhanden und über Verschattungsanlagen steuerbar.

Andererseits das Kunstlicht im Innen-und Außenbereich. Aufgrund der großen Bedeutung des Mediums Licht für die Bauherren wurde parallel zur Architektur von Anfang an ein Konzept für die Lichtarchitektur entwickelt und somit eine Tages- und eine Nachtarchitektur des Gebäudes definiert.

Das Lichtkonzept wurde von LIGHT DESIGN ENGINEERING KOBER Lichtplaner erarbeitet und umgesetzt. Basis des Konzeptes ist der Wunsch der Bauherren nach einem ausgewogenen Zusammenspiel von lichten, zum Garten geöffneten Wohnräumen und schattigeren und uneinsehbaren Privaträumen im Obergeschoss. So ist das Gebäude durch den Tageslichteinfall ganz klar in zwei Bereiche gegliedert.

Der offene, durch die dreiseitige Komplettverglasung lichtdurchflutete Wohn- Essbereich ist durch 3,50m breite und über Eck öffenbare Schiebetüren mit vorgelagerten weit auskragenden Vordächern niveaugleich mit dem Außenraum verzahnt. Die Sonnen- und Schattenplätze unter den Vordächern bilden so einen Dialog zwischen Innen und Außen, zwischen Wohnraum und Garten. Die Tiefe des Vordaches im Süden ergab sich aus einer exakten Sonnenstudie. Zwischen dem 01.04. und dem 01.09. ist die Verschattung der Südsonne durch das Vordach gewährleistet, während in der kalten Jahreszeit die tiefstehende Sonne die Räume mit Licht durchflutet und aufwärmt und auch die Stimmung aufhellt. In der Spitze des Vordaches versteckt sich hinter der Fassadenverkleidung eine Markise, die der Terrasse eine besondere Aufenthaltsqualität verleiht.

Im Gegensatz dazu steht das introvertierte und intime Obergeschoss. Die Holzlamellen der Fassadenverkleidung laufen auch vor den Fenstern durch, sodass sich von außen optisch eine homogene Wandfläche ohne Einblicke ergibt, während innen das Licht durch das Holz warm gefiltert wird und sich eine spielerische Licht- und Schattenwirkung ergibt. So entstehen im Sommer angenehm kühle Rückzugsorte, im Winter erinnert die Atmosphäre an eine Skilodge. Lediglich das Schlafzimmer sitzt wie ein Adlerhorst über den Baumwipfeln mit überragendem Fernblick, ohne einsehbar zu sein.

Das Kunstlichtkonzept nimmt diese gegensätzlichen Atmosphären im Erd- und Obergeschoss zu den unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten auf und interpretiert diese in eine Nachtarchitektur, welche wiederum die Bewohner und Ihre Lebensgewohnheiten wiederspiegelt. Wie die Möbel so ist auch das Licht im Haus „maßgeschneidert“.

Die Leuchtengehäuse konnten erst im Rohbaubeton der Decke eingegossen werden als das Sofa definiert und die exakte Position für den Esszimmertisch gefunden waren.

Diese weitreichende Beteiligung der Bauherren am Planungsprozess und der intensive Austausch zwischen allen Beteiligten ist Basis des gelungenen Lichtkonzeptes. Wichtigste Kriterien für die Beleuchtung sind Sehkomfort, natürliche Lichtfarben und sehr hohe Farbwiedergabe sowie flexible Schalt- und Dimmbarkeit. Die deckenbündig eingebauten und somit sehr reduzierten Leuchten sind blendungs- und streulichtfrei und gewährleisten somit sehr effizientes gerichtetes Licht.

Der große Anteil homogener vertikaler Beleuchtung auf den wenigen Wandflächen macht die Raumgrenzen wahrnehmbar und schafft einen Ruhepol für das Auge. An keiner Stelle wird die gradlinige Architektur durch störende Lichtkegel durchschnitten.Zusätzlich zu dieser Grundbeleuchtung erfolgt die Beleuchtung sehr akzentuiert und an der Möblierung und Nutzung orientiert.

Arbeitsbereiche in der Küche werden mit Downlights beleuchtet, das Sofa wird mit Richtstrahlern mit Ovalzeichnerlinsen beleuchtet, sodass auch hier keine Lichtkegel erkennbar sind, sondern das Sofa exakt ausgeleuchtet wie eine Skulptur im Raum steht.

Dabei sind die Leuchten so positioniert, dass sie von hinten im 15°-Winkel auf das Sofa ausgerichtet sind, um ein perfektes Leselicht zu gewährleisten.

Weiterhin waren den Bauherren bereits in der Planungsphase alle Orte klar, welche besondere Akzente durch eng gebündelte Lichtkegel erhalten sollten. So gibt es z.B. einen definierten Ort für eine Schale mit Orangen auf der Küchentheke und eine Nische im Wohnzimmer, welche sich im Licht aus der nur leicht glimmenden Ziegelwand löst.

Diese Nische ist auch der Ort für einen Kerzenkamin. Die Idee zu diesem ungewöhnlichen und besonders atmosphärischen Raumelement brachten die Bauherren von ihren Venedigreisen mit und wie schon dort ist er ihnen nach kurzer Zeit im neuen Haus zu einem zentralen Ort der Entspannung geworden.

Die Kombination aus der flächigen Wandbeleuchtung und den ausgewählten Akzenten schafft Wahrnehmungshierarchien und spannungsreiche Blickperspektiven. Ergänzt werden diese durch ausgewählte Orte für Objektleuchten, welche warme Farbakzente setzen.

Größtes Lichtobjekt ist jedoch der zwischen dem Wohn- und dem Essbereich eingestellte zentrale Treppenkern, welcher aus sich heraus zu leuchten scheint. Der bis zu über sechs Meter hohe Raum wird durch RGBW-LED-Linsenwandfluter inszeniert. So kann das volle Farbspektrum des Lichts ausgeschöpft werden.

Tagsüber kann der Anschein eines Dachfensters simuliert werden, abends ergießt sich scheinbar lang nach dem realen noch ein andauernder Sonnenuntergang zwischen den zwei Wandscheiben.

Natürlich sind neben Mondlicht und Eiszeitstimmung noch weit spektakulärere Farben möglich, die Kraft der Leuchten liegt jedoch in ihrer subtilen Dezenz durch das Kalt-Warmspiel des Lichtes im Tagesverlauf, welches die entspannte Atmosphäre des Gebäudes unterstützt.

Das Lichtkonzept für den Außenraum folgt dem gleichen Prinzip wie schon im Innenraum. Durch die Beleuchtung vertikaler Strukturen werden nächtliche Außenräume definiert.

Die flächige Beleuchtung der Bäume auf der östlichen Grundstücksgrenze schafft bei Nacht eine optische Raumgrenze und lenkt den Blick in den Garten. Durch die vertikale Beleuchtung im Außenraum wird der Spiegelungseffekt der Fenster aufgehoben und der Blick kann in die Ferne schweifen.

Der Innenraum erweitert sich, dunkle Angsträume verschwinden. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch die im Vordach eingelassenen Leuchten, welche durch ihre asymmetrische Lichtverteilung eine Lichtlinie um den Glaskörper legen und ihn so wie auf einem Lichtteppich schweben lassen.

Dabei gelangt durch die gute Abblendung und die leichte Anstellung der Leuchtmittel kein Licht in den Innenraum.

Auch der Schwimmteich wird nachts zum Lichtobjekt. Eine einzige Leuchte mit 13W LED und Ovalzeichnerlinse akzentuiert die gesamte Wasserfläche und die Bepflanzung, eine weitere Leuchte mit lediglich 3W beleuchtet randscharf die eingestellte Ziegelmauer. Weitere Akzente und eine ausgeklügelte Einfahrtsbeleuchtung runden das Lichtkonzept ab.

Um Lichtszenen je nach Tages- und Nachtzeit, Wetterbedingungen, Nutzungen und gewünschten Atmosphären einfach anpassen zu können, wurde eine DALI-Lichtsteueranlage eingebaut, welche neben den Leuchten, schaltbaren Steckdosen und Bewegungsmeldern sogar per Knopfdruck oder Timerfunktion die Garten- und Poolbewässerung kontrolliert.